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norbert beier-xanke

G. E. Koppenwallner

Kunststück Zukunft Grundlagenkunst anstatt Grundlagenforschung von G.E. Koppenwallner,
Die Zeit: "Kunststück Zukunft" in der Zeit vom 14.3.1997


"Kunst ist der kulturell beeinflußte Versuch ungewohnte Bilder unserer Welt zu schaffen. Diese Bilder sollen der Allgemeinheit Ausblicke aus dem Kasten der Kultur ermöglichen. Kultur findet dann statt, wenn diese 'Bilder' tatsächlich als Fenster im kulturellen Kasten Verbreitung finden. Kunst wird damit schnell Teil des gesellschaftlichen Baus. Deswegen muß Kunst sich stets wandeln und Neues schaffen, um Kunst zu bleiben.

Wesentliches Inhaltselement aller Kunst ist das der 'Bilder'. Solche Bilder
erweitern unser Verständnis der Welt, können aber auch Ikonen unseres gewohnheitsmäßigen Alltagsleben sein. Unter Bildern verstehe ich weniger das Resultat einer Abbildung unserer Welt, als das einer Auseinandersetzung mit dieser. Diese Auseinandersetzung kann zu einem Weltbild erwachsen und die Welt verändern, selbst die wenigdeutigen Bilder der Werbung sind ein Beispiel dafür.

Hinter (der) Bindung (zwischen) Künstler und Bild steckt auch die für jeden persönliche Tatsache, daß man Kunst, als Umgang mit dem Neuen, also noch nicht Gelehrtem, nicht studieren kann. bedeutet doch neues Schaffen ein absetzen von der eigenen Kultur.

Der direkte Umgang mit Natur ist derzeit aus dem Repertoire der Kunst verschwunden, als etwas, das die Wissenschaft erledigt. Stattdessen beschäftigt sich kunst ausgiebig mit Gesellschaft und mit sich selbst, nämlich der eigenen Vergangenheit, die zu einer Thematik der Gegenwart gemacht wird. Zwar gehören Naturstudien, z.B. Aktzeichnen, noch zum Lehrstoff der Kunsthochschulen, doch verstehe ich unter modernen Naturstudien etwas anderes, nämlich die Auseinandersetzung mit allen uns bekannten und selbstentdeckten Faktoren, die ein Bild erschaffen - Kunst als eine Alternative zur Forschung!

Für die klassische Malerei haben sich nur wenige technische Fortschritte ergeben, z.B. Kunstharzbinder oder synthetische Farbstoffe. Viel stärker haben sich die geistigen Grundlagen verändert, z.B. in Technik oder Medizin, und sind inzwischen kulturelle Vorstellungen geworden. Eine für gute neue Bilder notwendige Auseinandersetzung von Kunst mit allen vorhandenen bilderschaffenden Faktoren ist heute wenig gegeben. Es geht weniger darum, technische Möglichkeiten als Element von Kunstwerken zu verwenden, als die diesen Techniken zugrundeliegenden Vorstellungen und Gedanken als Bildelemente zu entdecken.

Jeder nutzt, was da ist, aber kaum einer verschwendet einen Gedanken auf die Grundlagen. Ein Wesen von Kunst ist die Auseinandersetzungen mit unseren gesamten geistigen Grundlagen. Wenn Kunst überhaupt eine Bedeutung haben soll (!) , die über das ästhetische oder das gesellschaftliche und die dazu gehörige begrenzte Zeit- und Denkspanne hinwegreichen kann, dann müssen auch heute 'künstlerische Bilder' einen allgemeinen Überblick, eine Synopsis, sozusagen eine 'ars generalis' unserer Welt ergeben und eine Ergänzung sowie Erweiterung der Naturwissenschaften darstellen, so dass man neben Grundlagenforschung von Grundlagenkunst sprechen könnte.

Kunst muss sich mit dem modernen Leben gleichrangig auseinandersetzen können und sollte nicht im 'pecuniotop' der Museen und Kunstvereine artgerecht gehalten werden. Wenn man diese Kunst zum Fundament unserer Kultur erklärt, dann ist klar, daß sie neuerungslos bleibt.


Andererseits ist Kunst nicht so orientierungslos, wie (es scheinen) mag. Sicher stecken die Künstler von morgen bereits unter der Oberfläche, sind aber selbst für den geschulten Blick unsichtbar. Derzeit liegt der Tod des Neuen in der Massenproduktion des Alten! Das ist sozusagen ein auf die Technik verlagerter Generationenkonflikt."

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